[Ethymology] Herkunft des Sprichworts "Ich glaube es hackt"

Seit ich als Kind zum ersten mal die Dauerausstellung "Schrift und Zahl" im Heinz-Nixdorf-Museum (Paderborn) sah, bin ich fasziniert von der Entstehung von Sprache und der Herkunft von Worten (Ethymologie). Jetzt bin ich auf einen Onlineartikel gestoßen, in dem diskutiert wird, ob das deutsche Sprichwort "Ich glaube es hackt" nicht besser "Ich glaube es hakt" lauten müsste. Es wird das Wörterbuch der deutschen Umgangssprache (Heinz Küpper 1950) folgendermaßen zitiert:
»Ich glaube, es hackt bei dir = du bist wohl nicht recht bei Verstand? Anspielung auf den "Vogel", der im Kopf hackt«
Viele Nutzer schreiben in den Kommentaren, dass sie eher der Meinung sind, es müsse eigentlich "Ich glaube es hakt" heißen. Der Nutzer "Joss" erwähnt, dass die Ethymologie des Wortes von Grimm und Grimm gut wiedergegeben wurde und schreibt desweiteren:
»"Der Haken" war im in früheren Zeiten auch "der Hacken" (trotzdem mit langem Vokal gesprochen), wobei es zur besonderen Verdeutlichung auch "der Haacken" geschrieben wurde. (Die falsche Variante mit ck nach langem Vokal kenne ich selbst noch aus alten Büchern.)«
Ich denke wie die meisten der Nutzer, dass das Sprichwort entstand, indem eine Analogie zwischen dem Verstand und einem Gerät/Mechanismus gezogen wurde:  "es (Gerät/Mechanismus / Verstand) hakt" und genauso "Die Uhr (Der Verstand) tickt nicht richtig" bedeutet ja nichts Anderes als "etwas (Mechanismus / Uhr / Verstand) funktioniert nicht".
Laut Literatur  haben "Haken/haken" und "hacken" vermutlich die gemeinsame indogermanische Wurzel keg-, *kek- "Pflock zum Aufhängen, Haken, Henkel", "spitz sein". Daraus entstand das althochdeutsche Substantiv hāgo, hāggo, hāko, hāco (um 800). Das Verb zu hāko (z.B. hākon) könnte damals die Bedeutung "(ein)haken, verhaken" gehabt haben, sodass schon damals durch Analogieschluss das Sprichwort unter Verwendung von hākon entstanden sein könnte. Im 11. Jahrhundert A.D. wurde ausgehend von hāko durch intensivierende Konsonantenverdoppelung das altdeutsche Verb hackōn (mit einem hakenförmigen Werkzeug bearbeiten) gebildet. Möglicherweise war das Sprichwort vom gleichen Lautwandel betroffen, während in anderen Kontexten hāko / hākon für "Haken/haken" verwendet wurde. Der Kommentar von Joss lässt aber den Schluss zu, dass in Teilen Deutschlands hācko / hāckon und hāko / hākon in allen Kontexten synonym verwendet wurden. Aus hackōn entstand durch weitere Lautverschiebungen schließlich das heute gebräuchliche Verb "hacken" (siehe Pfeifer 1993). Es kann also sein, dass das Sprichwort erst nach der Konsonantenverdopplung in einer Region und zu einer Zeit entstanden, wo hackō / hackōn (oder dessen modereneren Entsprechungen) und hāko / hakōn (bzw. dessen Nachfolger) Synonyme waren. Als sich schließlich durchsetzte, dass Hacke / hacken in der Regel nichtmehr mit der Bedeutung "Haken / haken" belegt ist, blieb das Sprichwort von dieser Standarisierung unbetroffen.
Es ist auch nicht auszuschließen, dass das Sprichwort unabhängig von der Enstehung von hackōn erst beim Übergang von Frühneuhochdeutsch zu Neuhochdeutsch von einer intensivierenden Konsonantenverdopplung betroffen war. Die damit einhergehende Vokalverkürzung / -verlängerung ist für diese Zeit typisch (Jacob 2003).

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